Glück macht Schule


Schule ist mehr als Leistung und Lernerfolg. Schule bedeutet auch Menschlichkeit.

Elisabeth Meixner, LSR-Präsidentin der Steiermark



Quodlibet 3

Aufblühen der individuellen Persönlichkeit

Ein Beitrag Steiermarks zu Positiver Jugendentwicklung

“Das Thema Glück in der Schule gilt durch die erfolgreiche Umsetzung an der Heidelberger Willy‑Hellpach-Schule („Schulfach Glück“) als besondere pädagogische Innovation. Ziele dieses Lebensfaches sind es, glückliche und selbstsichere SchülerInnen auszubilden und ihnen Lebenskompetenzen zu vermitteln.”
So beschreibt Dr.in Eva-Maria Chibici-Revneanu, Projektkoordinatorin im Landesschulrat (LSR) für Steiermark, 2009 eine Erfolgsgeschichte [1], inspiriert vom Heidelberger Direktor Ernst Fritz-Schubert, Autor von „Schulfach Glück“.

Im Rahmen der Jubiläumstagung   „5 Jahre Glück macht Schule“  des LSR für Steiermark und der Pädagogischen Hochschule (PH) Steiermark im November 2013 in Schladming wurde der Direktorin der Volksschule Wörschach als 100. Glücksschule der Steiermark herzlichst gratuliert, im Schuljahr 2013/14 wird es bereits mehr als 130 Glücksschulen geben.

In Kooperation mit der PH Steiermark (Mag.a Maria Koppelhuber) wurden mehr als 100 PädagogInnen zu „GlückslehrerInnen“ [2] ausgebildet, um an Glücksschulen das Unterrichtsfach „Glück“ zu unterrichten und fächerübergreifend Wohlbefinden in Schulen zu etablieren. Sie unterweisen SchülerInnen (und KollegInnen) in der Kunst, ihr persönliches Leben glücklich(er) zu gestalten, aber auch darin, soziale Verantwortung zu übernehmen und zum Glück Anderer beizutragen. Damit leistet das Projekt einen wertvollen Beitrag zum so bedeutenden Bereich des sozialen Lernens und der Herzensbildung[3] 


Dr. Philip Streit [4] gibt einen Vorgeschmack darauf, was SchülerInnen und LehrerInnen erwarten können, wenn der Defizitgedanke in der Schule überwunden wird/ist und die Stärkung der individuellen Persönlichkeit im Vordergrund steht. Streit stellt vor allem Möglichkeiten der Positiven Jugendentwicklung (PYD) [5] vor, postuliert von Richard M. Lerner [6]. Streit ist zuversichtlich, dass PYD sich auch in Österreich umsetzen lässt.

“Warum mache ich es, wie ich es mache? Warum machen wir es so? Was wollen wir am Ende erreichen?” [7]

Wie kommt es, dass Jugendliche sich auf ihrer Suche nach Sinn entwickeln, wie sie sich entwickeln? Jugendliche sind die Erbauer ihrer Wirklichkeit und ihres Lebens. Eltern und Mentoren unterstützen sie dabei als Baumeister.
PYD umfasst nach Lerner et.al. 5 Cs [8]:

– C ompetence ≡ positive Sicht
                         eigener schulischer, intellektueller, gesundheitsfördernder, beruflicher/praktischer Fähigkeiten

– C onfidence ≡ Vertrauen in sich selbst, positiver Selbstwert und Selbstvertrauen

– C onnection ≡ positive Beziehungen, Austausch mit Peers, Familie, Schule, Gemeinschaft

– C haracter ≡ respektvolles Umgehen mit gesellschaftlichen und kulturellen Werten, Benehmen, Moral, Anstand
                         so, wie wir es ihnen vorleben …

– C aring/Compassion ≡ Fürsorge und Mitgefühl, Sinn für Sympathie, Empathie für andere

  Lerner stellt die Operationalisierung im ” Handbook of adolescent psychology” als 6. C [9] vor:

– C ontribution ≡ sich beteiligen; sich selbst in die Welt um sich selbst einbringen


Seit 2002 werden PYD und die   “Stärken der Jugendlichen”   vorerst von “fifth graders”, mittlerweile von SchülerInnen bis zum Schulabschluss (Grade 12) in der Langzeitstudie “4-H Study of PYD” [10], im wahrsten Sinne des lateinischen Wortstammes, evaluiert [11].

Eines der Ergebnisse: Muten wir Jugendlichen Verantwortung zu, reagieren sie mit einem Zuwachs ihrer individuellen Stärken und einer Reduktion ihres Risikoverhaltens.


Streit stellt des Weiteren ein auf Forschungen von Corey Keyes [12] basierendes Modell des Aufblühens und Gedeihens (≡ flourishing[13] von Jugendlichen vor, welches Martin Seligman [14] in seiner “Theorie des Wohlbefindens” das PERMA-Modell [15] nennt.

Lange nahm man an, dass Glück [16] sich in einer zunehmenden Lebenszufriedenheit äußere und dass es darum ginge, ein Maximum an guten Gefühlen zu erfahren. [17] Auch Seligmans Annahme beruhte darauf, Glück sei durch (die ersten) 3 Elemente erreichbar, ergänzte jedoch aufgrund weiterführender Studien 2 weitere Elemente für seine “Theorie des Wohlbefindens”:

1. P ositive emotions (≡ positives Gefühl, angenehmes Leben),

2. E ngagement, gepaart mit Flow und

3. M eaning (≡ Sinn im Leben),

4. positive R elationships (≡ positive Beziehungen) und

5. A ccomplishment (≡ Zielerreichung im Leben). [18]


Diese 5 Elemente fasst Seligman im Schlagwort   PERMA   zusammen, wobei jedes seiner Elemente drei messbare Eigenschaften aufweist:

a) es trägt zum Wohlbefinden bei,

b) Menschen streben um der Sache selbst willen danach,

c) es lässt sich unabhängig (≡ exklusiv) von den anderen Elementen definieren und messen.

Quodlibet zum Thema “Bruttonationalglück – Gross National Happiness”:

Im asiatischen Staat Bhutan [19] wird neben dem Bruttonationalprodukt auch das Bruttonationalglück berechnet. Der Film “What Happiness is” [20] rundet die Denkanstöße für das staunende Publikum ab. Mittlerweile gibt es auch Bestrebungen seitens der EU. [21]


[ Quodlibet Nr.  3, im Februar 2014 ]


[1] vgl. https://www.bildung-stmk.gv.at/unterricht/paedagogische-themen/glueck-macht-schule.html, 04.02.2020
[alt: , 05.05.2016]
[alt: www.lsr-stmk.gv.at/cms/beitrag/10090543/356584/,
members.aon.at/w-egger/dez13.pdf , Schule 258, LSR Stmk, Zeitschrift f. Lehrer, Schüler u. Eltern, 30.01.2014]

[2] Die Seminarreihe umfasst 6 Module:

1. Freude am Leben – seelisches Wohlbefinden
2. Freude an der eigenen Leistung
3. Ernährung
4. Der Körper in Bewegung
5. Der Körper als Ausdrucksmittel
6. Das Ich und die soziale Verantwortung
https://www.bildung-stmk.gv.at/unterricht/paedagogische-themen/glueck-macht-schule.html ,04.02.2020,
[alt: , 05.05.2016]
[alt: www.lsr-stmk.gv.at/cms/dokumente/10090543_356584/d232084c/gms_lebensfach_nov%202013.docx, 30.01.14]


[3]
vgl. “1. Newsletter “Glück macht Schule”, Elisabeth Meixner, Amtsführende Präsidentin des LSR Stmk.,
https://www.bildung-stmk.gv.at/unterricht/paedagogische-themen/glueck.html, 31.03.2021
[ alt: , 05.05.2016]
[alt: www.lsr-stmk.gv.at/cms/dokumente/10090543_356584/d232084c/gms_lebensfach_nov%202013.docx, 30.01.14]

[4] Philip Streit, Vorstand am Institut für Kind, Jugend und Familie, Graz, www.ikjf.at

[5] PYD ≡ Positive Youth Development

[6] Richard M. Lerner, Bergstrom Chair, Director of Institute for Applied Research in Youth Development,
Eliot Pearson Department of Child Development, Tufts University, Medford, Massachusetts, www.tufts.edu

[7] vgl. Jacqueline V. Lerner, Erin Phelps, Yulika Forman, and Edmond P. Bowers (2009: 545): Positive Youth Development,  in Richard M. Lerner, Laurence Steinberg (Ed.), Handbook of adolescent psychology, 3rd Ed., Vol. 1, John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey

[8] ebd., (2009: 545)

[9] ebd., (2009: 545)

[10] ebd. (2009,547ff), siehe dazu aktuelle Studien der 4-H-Organisation, durchgeführt von  der Tufts University, http://www.4-h.org/about/youth-development-research/positive-youth-development-study/, Abfrage: 20.02.2014
4-H steht für head, hands, heart und health (übersetzt: Kopf und Hand, Herz und Gesundheit)

[11] lateinisch: valeo: stark/wert sein, vgl. Stowasser (1997:537), Österreichische Schulausgabe, öbv&hpt, Wien

[12] Corey Keyes, Professor für Psychologie an der Emory University, Georgia, http://www.emory.edu/

[13] vgl. Jacqueline V. Lerner et.al (2009: 526): PYD flourishing versus languishing @ dahindümpeln, dahinsiechen

[14] Martin Seligman, Robert A. Fox Leadership Professor of Psychology an der University of Pennsylvania, http://www.upenn.edu/

[15] vgl. Seligman (2011: 34), Flourish, Wie Menschen aufblühen, Die positive Psychologie des gelingenden Lebens, Kösel-Verlag, München, siehe auch Fußnote 31 (2011:384)

[16] ebd (2011: 27f)

[17] ebd.  (2011: 29,46)

[18] Die subjektiven Aspekte “Lebenszufriedenheit und Glück” teilt er dem Element der Positive emotions zu.

[19] Das Konzept des “Gross National Happiness – GNH” geht zurück auf Seine Majestät, den 4. König von Bhutan, Jigme Singye Wangchuck, ca. 1970. Die Berechnung beruht auf 4 Säulen (political, economic, cultural, environmental) und  9 Domänen (psychological well-being, health, time use, education, cultural diversity and resilience, community vitality, good Governance, ecological diversity and resilience, living standards). Alle zwei Jahre wird das Bruttonationalglück per Volksbefragung ermittelt und die politische Leitlinie nach den Ergebnissen adaptiert.
http://www.bhutanstudies.org.bt/,
http://www.gnhcentrebhutan.org/, 27.05.2016
[alt: Die Berechnung erfolgt in neun Dimensionen mit Hilfe von 33 Indikatoren (z.B. psychisches Wohlbefinden, Gesundheit, Ausbildung, Erziehung, Bildung, Krisenbewältigung, Widerstandsfähigkeit/Resilienz, etc.). http://www.grossnationalhappiness.com/, 20.02.2014]

[20] Harald Friedl (Regisseur, 2013), “What HAPPINESS is – Auf der Suche nach Glück”, Thimfilm, Hoanzl


Bildernachweise:
Elisabeth Meixner,
www.kleinezeitung.at/steiermark/3299985/meixner-muessen-lesen-schulen-forcieren.story, 02.02.2014

Logo: Glück macht Schule
https://www.bildung-stmk.gv.at/unterricht/paedagogische-themen/glueck-macht-schule.html ,04.02.2020,
[ alt: , 09.02.2017]

4 Kommentare

  •    Reply
    Günter Brus 22.03.2017 at 07:56

    Lizenz zum Glücklichsein
    Lizenz zum Glücklichsein

    Diese Urkunde räumt ihrem Inhaber zeitlich, räumlich und sachlich unbeschränkt das Recht zum Glücklichsein ein, aus jedem Grund oder gänzlich unbegründet.
    Dieses Recht ist unveräußerlich und darf von niemanden beschnitten werden.
    Ajahn Brahm

    Text der Urkunde aus “Der Elefant, der das Glück vergaß” (2014:235)

    download “Happiness Certificate”:
    http://www.omegawebsolutions.be/buddhism/Ajahn_Brahm_Happiness_Certificate.pdf

  •    Reply
    Günter Brus 21.03.2017 at 13:29

    Internationaler Tag des Glücks, 20.03.2017
    Internationaler Tag des Glück, International day of happiness

    Das Glück wohnt in Nordeuropa
    Norwegen, Dänemark, Island, Schweiz, …, Österreich (13.), …

    “Gemessen an den Faktoren BIP, Freiheit, Sozialleistungen, Lebenserwartung und Korruption hat der “World Hapiness Report” Norwegen zum glücklichsten Land der Welt gekürt. Und Österreich liegt vor Deutschland.”
    Quelle: http://diepresse.com/home/wirtschaft/eco1848/5186735

    download des “World Happiness Report 2017”:
    http://worldhappiness.report/wp-content/uploads/sites/2/2017/03/HR17_3-20-17.pdf
    Editors: John Helliwell, Richard Layard and Jeffrey Sachs

  •    Reply
    Günter Brus 28.12.2016 at 13:15

    Schüler lernen “Glück und Verantwortung” an der NMS Loosdorf

    Nachdem ich einige Fortbildungsmodule von “Glück macht Schule” an der PH Steiermark besucht habe,
    nachdem ich Glück natürlich immer noch in meinem Unterricht einbaue,
    habe ich den Anschein gehabt, dass es ein wenig ruhig geworden um das Glück …
    Viele haben ihre Bereitschaft bekundet, einen Gegenstand “Glück” an ihrer Schule einzuführen …

    … um so überraschter war ich, als ich in der ZIB2 im ORF2 am 23.12.2016 die Ankündigung erhielt ,
    dass im heutigen ZIB Magazin über die NMS Loosdorf berichtet werde.
    Thema: Schüler lernen “Glück und Verantwortung”

    Weitere Informationen zum Gegenstand “Glück und Verantwortung” an der NMS Loosdorf:
    Ö3-Moderator Philipp Hansa war heute im Ö3-Wecker bei den Schüler der NMS Loosdorf zu Gast:
    https://www.tips.at/news/loosdorf/leben/377836-die-nms-loosdorf-tut-was-fuer-s-oe3-weihnachtswunder, 28.11.2016
    Schüler wollen Wunder wahr werden lassen
    und natürlich bei meinem Kollegen OL Ewald Pöll
    http://www.nms-loosdorf.schulweb.at/1030

    Find ich gut, weiterhin alles Gute 🙂

  •    Reply
    Frau Mag. Dr. Eva-Maria Chibici-Revneanu ersucht per E-Mail vom 14.03.2014 um folgende Ergänzungen: 25.03.2014 at 09:40

    Lieber Kollege,
    vielen Dank für die Übermittlung des Quodlibets. Ich freue mich, dass die Jubiläumstagung „5 Jahre Glück macht Schule“ bei Ihnen so einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. Ich werde es auch sehr gerne an Interessierte weiterleiten. Allerdings bitte ich um eine Adaption im einleitenden Artikel. Zu den Fakten: Das Buch „Schulfach Glück“ bzw. der Autor Fritz-Schubert gaben zwar den Impuls zu „Glück macht Schule“, wir haben aber von Beginn an ein spezifisch steirisches Modell entwickelt: Glück in allen Schultypen, von der VS bis zur BMHS, nicht auf 2 Jahre ausgelegt. Beim steirischen Modell sind die ersten Schulen bereits im 2. Durchgang nach vier „Glücksjahren“ und haben wieder mit einer 1. Klasse begonnen. Unsere Erfolgsgeschichte manifestiert sich nicht nur in 130 Glücksschulen, sondern auch in der im Sommersemester 2014 erstmals durchzuführenden Zertifizierung zur Glücksschule. Der Qualitätskriterienkatalog wurde von unserem ExpertInnen-Team entwickelt und wird in der kommenden Woche zur Bearbeitung an die Schulen ausgeschickt. Am 3. April findet wieder der steiermarkweite Glücks – Aktionstag statt, an dem sehr engagierte Glücksstunden geplant sind und von einer Jury des Landesschulrates besucht werden. Heuer ist der Schwerpunkt dem Lesen gewidmet: „Glück er – lesen – Erlesenes Glück“.

    Weitere Infos finden Sie unter https://www.bildung-stmk.gv.at/unterricht/paedagogische-themen/glueck-macht-schule.html, 05.05.2016,
    [alt: http://www.lsr-stmk.gv.at/cms/beitrag/10090543/356584/, 14.03.2014]

    Viele Grüße
    Eva Chibici-Revneanu

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