Der Alpöhi hat´s jetzt schwarz auf weiß: ein Bedingungsloses Grundeinkommen von €uro 560,–, wie Finnland es testweise für 2000 arbeitslose Menschen ab Jänner 2017 einführt, wäre in Österreich zu niedrig angesetzt.
Für Österreich konnte der Alpöhi auf Basis der Werte von 2015 aller unselbständig Beschäftigten (insgesamt Arbeiter und Angestellte, unabhängig von Teilzeit und Vollzeit) einen Richtwert von mindestens €uro 1.126,20 ermitteln. Das Bedingungslose Grundeinkommen beträgt mindestens 60% des nationalen mediangemittelten Nettoäquivalenzeinkommens.
“Jetzt kommt Bewegung rein“[1]
Der Alphöhi ist ein wenig verunsichert, jedoch weiterhin hoch motiviert, hatte doch die Schweizer Volksinitiative ein Bedingungsloses Grundeinkommen von umgerechnet circa Euro 2.200,– gefordert. Damit ist auch einer Position von attac entsprochen, die Höhe des BGE so anzusetzen, dass einerseits der Zwang bzw. der “Anreiz” zur Erwerbsarbeit berücksichtigt wird und andererseits das Bedingungslose Grundeinkommen nicht zu niedrig ausfällt. Das soll wiederum dazu führen, “ein dem sozialen und kulturellen Standard entsprechendes Lebern im jeweiligen Land zu ermöglichen, materielle Armut zu vermeiden und die gesellschaftliche Teilhabe zu sichern.” [2]
Stefan Schulmeister relativiert im ORF den finnischen Testlauf eines bedingungslosem Grundeinkommens ab Jänner 2017: “… ich halte von der finnischen Lösung, …, dass nämlich Arbeitslose kein Arbeitslosengeld mehr bekommen, sondern stattdessen einfach eine Minimalsicherung, sehr wenig. … das hängt ganz von der Höhe des Grundeinkommens ab: wenn es so niedrig angesetzt ist, wie in Finnland, kann niemand davon leben, von € 550,– können sie in Finnland, übrigens auch in Österreich nicht existenzsichernd leben oder überleben. …” [3]
Sind Euro 550,– nun genug oder sollten es doch €uro 2.200,– sein ?
Das Europäische Parlament hat am 20. Oktober 2010 in einer Entschließung die Armutsrisikogrenze mit einer Mehrheit von 437 Ja- zu 162 Nein-Stimmen festgelegt, so dass diese bei mindestens 60% des so genannten nationalen mediangemittelten Nettoäquivalenzeinkommens liegt. [4]
Das Wort Armutsrisikogrenze = Armutsgefährdungsschwelle ruft beim Alpöhi viele ??? (Fragezeichen) hervor. Ihn interessieren ja nicht Prozentwerte sondern reale Zahlen…die haben für ihn Aussagekraft, geht´s ihm doch darum, was er sich (zukünftig) kaufen kann!
Er ist gerade wieder einmal zu Besuch im Nachbarland Österreich und will wissen, wie hoch der Netto-Auszahlungsbetrag sein könnte und hat sich auf die Suche nach den absoluten Zahlen des österreichischen Median-Nettoeinkommens gemacht. Bei der Statistik Austria wurde er fündig:
“Im Jahr 2015 verdienten unselbständig Beschäftigte, wenn Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte zusammen betrachtet werden, im Mittel (Median) 1.877 Euro netto im Monat (inkl. anteiligem Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Die Einkommen der Männer (2.171 Euro) waren um 43% (Differenz als Anteil an den Fraueneinkommen) höher als jene der Frauen (1.514 Euro). Die zehn Prozent der unselbständig Beschäftigten mit den höchsten Einkommen (Median: 4.247 Euro) verdienten monatlich rund neunmal so viel wie das ärmste Einkommenszehntel (Median: 468 Euro).”[5]
Der Alpöhi findet einen “Zahlenfriedhof” vor und verwendet den Median aller unselbständig Beschäftigten (insgesamt Arbeiter und Angestellte, unabhängig von Teilzeit und Vollzeit).
Die Armutsrisikogrenze von 60% des Median-Nettoeinkommens aller unselbständig Beschäftigten in Österreich (2015) würde €uro 1126,20 (60% von €uro 1877,–) betragen.
Um einen weiteren Überblick zu bekommen, rechnet er aus der Bandbreite der ihm vorliegenden Zahlen mögliche Armutsrisikogrenzen von 60% aus:
alle unselbständigen männlichen Beschäftigten 2.171,– → 1.302,60 €uro
alle unselbständigen weiblichen Beschäftigten 1.514,– → 908,40 €uro
die 10% “Unselbständigen” mit höchstem Einkommen 4.247,– → 2.548,20 €uro
die 10% “Unselbständigen” mit niedrigstem Einkommen 468,– → 280,80 €uro
Der Alpöhi hat´s jetzt schwarz auf weiß: ein Bedingungsloses Grundeinkommen von €uro 560,–, wie Finnland es testweise für 2000 arbeitslose Menschen ab Jänner 2017 einführt, wäre in Österreich zu niedrig angesetzt.
Armutsgefährdungsschwelle, Vergleich Finnland und Österreich
Jetzt ist für den Alpöhi noch interessant, inwieweit sich Finnland und Österreich von der Einkommensstruktur und Armutsgefährdung vergleichen lassen. Dazu greift der Alpöhi auf Statistiken von eurostat, dem Statistischem Amt der Europäischen Union, zu.
In den Statistiken über die Einkommensverteilung findet er eine Grafik, welche Armutsgefährdungsquote und Armutsgefährdungsschwelle der Mitgliedsstaaten für 2014 ausweist:
Quellen und Abfragen vom 02.01.2017 (Datenauszug vom Februar 2014, Aktualisierung geplant: Juni 2017):
http: // ec. europa. eu/ eurostat/ statistics-explained/ index.php/ Income_ distribution_statistics/ de,
den Link zu einer größeren Grafik aus dem vorgenannten Artikel siehe
http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/images/1/13/At-risk-of-poverty_rate_and_threshold%2C_2014_YB16-de.png,
Armutsgefährdungsquote 2014:
in Finnland bei ca. 13%,
in Österreich bei ca. 14%
Armutsgefährdungsschwelle 2014: [6]
Finnland bei ca. KKS 11.500,
Österreich bei ca. KKS 13.000
Um den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den einzelnen Ländern Rechnung zu tragen, wird dieser Wert häufig in Kaufkraftstandards (KKS) [7] ausgedrückt.
Zusammenfassung
Das Bedingungslose Grundeinkommen beträgt mindestens 60% des nationalen mediangemittelten Nettoäquivalenzeinkommens. Für Österreich konnte der Alpöhi auf Basis der Werte von 2015 aller unselbständig Beschäftigten (insgesamt Arbeiter und Angestellte, unabhängig von Teilzeit und Vollzeit) einen Richtwert von mindestens €uro 1.126,20 ermitteln. Finnland und Österreich sind bezogen auf die Armutsgefährdungsschwelle annähernd vergleichbar, daher ist davon auszugehen, dass das ab Jänner 2017 angesetzte Bedingungslose Grundeinkommen von € 560,– für den finnischen Testlauf zu niedrig ist.
[1] © ÖBB-Werbekampagne 2011
[2] http://www.attac.at/fileadmin/_migrated/content_uploads/Bedingungsloses_Grundeinkommen_01.pdf, Positionspapier von attac zum Bedingungslosem Grundeinkommen vom Mai 2010, Abfrage: 29.12.2016
[3] ZIB24, ORF eins, 28.12.2016, 23:50, teilweise Transkription 02.01.2017, https://www.youtube.com/watch?v=TtV19ie1Uxw,
[4] http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?lang=en&reference=2010/2039(INI), http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/summary.do?id=1127723&t=e&l=en, Abfragen: 02.01.2017
[5] http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/personen-einkommen/nettomonatseinkommen/index.html, Abfragen: 02.01.2017, http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&dDocName=110956, http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=058259,
[6] zur Wiederholung: Die Armutsgefährdungsschwelle ist auf 60 % des nationalen medianen verfügbaren Äquivalenzeinkommens festgesetzt.
[7] http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Glossary:Purchasing_power_standard_(PPS)/de
Der Kaufkraftstandard (KKS) ist eine künstliche Währungseinheit. Theoretisch kann mit einem KKS in jedem Land die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen erworben werden. Aufgrund der Preisunterschiede zwischen den Ländern werden jedoch je nach Land für die gleichen Waren und Dienstleistungen unterschiedliche Mengen von nationalen Währungseinheiten benötigt. KKS werden berechnet, indem ein ökonomisches Aggregat eines Landes in nationaler Währung durch die entsprechenden Kaufkraftparitäten dividiert wird.
KKS ist der von Eurostat verwendete Fachbegriff für die gemeinsame Währung, in der Aggregate der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ausgedrückt werden, die mittels um Preisniveauunterschiede bereinigt wurden. KKP können daher als Wechselkurs für die Umrechung zwischen KKS und Euro angesehen werden. (Abfrage: 02.01.2017)
Bildernachweis:
Schrödingers Katze – Der österreichische Wissenschaftsblog – Blog der Österreichischen Universitätenkonferenz
Bildausschnitt aus “Was heißt arm sein?”, https://www.schroedingerskatze.at/was-heisst-arm-sein/, 23.12.2016
Grundeinkommen und Gemeinwohl-Ökonomie mit Richard David Precht und Christian Felber
4.000 Besuchern kamen zum Openair “Palais.Gespräch” in den Park des Japanischen Palais in Dresden.
Richard David Precht:
“… Die Probleme sind nicht gelöst, wenn das Grundeinkommen kommt sondern das Grundeinkommen kommt in einer veränderten Gesellschaft. Grundeinkommen ist nicht die Lösung sondern ein kleiner Baustein innerhalb einer großen gesellschaftlichen Veränderung. …”
Christian Felber:
“.. Geld ist [nur noch] ein Mittel. Das ist die Verkehrung von Zweck und Mittel, die heute andersrum sind. Heute ist das Mittel Geld zum Selbstzweck geworden, … die Menschen wünschen sich, dass dieses Missverhältnis wieder zurechtgerückt wird.”
Gemeinwohl bedeutet gutes Leben für alle.
Veranstaltung am 14.08.2017, Artikel und Video vom 15.08.2017 unter:
https://www.sachsen-fernsehen.de/geld-fuer-alle-richard-david-precht-beim-palais-gespraech-388543/
Grundeinkommen eine mögliche Lösung des Arbeitsfreisetzungsproblems infolge der digital revolution
Ein interessanter Artikel, der sich nicht nur mit einem Grundeinkommen beschäftigt, wie es John Maynard Keynes bereits 1929 angedacht hat. Marx ergänzend werden die Menschen die freiwerdende Zeit zur kreativen Entwicklung nutzen und sich umfassenden (humanistischen) Bildungszielen widmen.
Priddat postuliert entgegenlautend ein Versagen dieser hehren Ansprüche und prognostiziert ein Leben in der Komfortzone, dem “comfort of life”, umsorgt von automatisierten, dienstbaren Maschinen, OHNE Anspruch auf Arbeit und Kreativität:
http://priddat.de/automation-grundeinkommen-und-unmengen-freier-zeit/
Ich glaube da eher den vorliegenden Ergebnissen zum bedingungslosen Grundeinkommen am Beispiel Dauphin in Kanada, die eine posthume Bestätigung der in Priddats Artikel angesprochenen Thesen von Marx und Keynes finden; siehe dazu meinen Blog und Kommentar vom 10.01.2017:
https://www.guenterbrus.at/mogelpackung-bge-finnland/#comment.
Beispiel Dauphin / Kanada nach Einführung des BGE vor ca. 5 Jahren:
https://www.youtube.com/watch?v=NQrzN4WX9Ts ARD-Tagesschau #kurzerklärt vom Oktober/November 2016
Ergebnisse: weniger Krankenstände, bessere Schulabschlüsse von Teenagern, grad 1% der Bwvölkerung hörte auf zu arbeiten, …
Menschen suchen nach Sinn und Anerkennung [nicht nur bei der Arbeit …]
siehe auch: http://motherboard.vice.com/de/read/die-stadt-des-kostenlosen-geldes-444