Kindeswohl in der Schule


Polnischer Pädagoge, 1878 - 1942

Kinder werden nicht erst zu Menschen, sie sind es schon!

Janusz Korczak (* 1878 + 1942), Polnischer Pädagoge

Es gibt nicht nur eine Kettenreaktion des Bösen, es muss auch eine Kettenreaktion des Guten geben.

Hermann Gmeiner (* 1919 + 1986), Gründer der SOS-Kinderdörfer



Quodlibet 2

Politische Rahmenbedingungen und neue Gesetzeslagen

 

Kinderrechtskonvention und Wirkungsorientierte Folgenabschätzung

Herausgegeben vom Netzwerk Kinderrechte, erhältlich bei den Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs

 

“Alle öffentlichen Institutionen, also insbesondere auch Schulen […] sind durch die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) dazu verpflichtet, die Inhalte der Konvention zu gewährleisten und sich an ihnen messen zu lassen.”[1]

UN-Kinderrechtskonvention – Bundesverfassungsgesetz über die Rechte der Kinder
In Österreich trat die UN-KRK[2] formal am 05.09.1992 in Kraft, der Nationalrat hat das BVG Kinderrechte am 20.01.2011 in den Verfassungsrang gehoben; es trat am 16.02.2011 in Kraft. In erster Linie zu erwähnen ist das damit verankerte „Kindeswohlvorrangigkeitsprinzip“.[3]

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung (WFA)[4]
Am 01.01.2013 ist die WFA in Kraft getreten. Die KJA des Bundes[5] im BMWFJ[6] gibt ihr den Namen Jugendcheck.
Die Verordnung
verpflichtet alle Ministerien, Gesetzesvorhaben vorab auf ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche zu überprüfen, sich auch “´in die Schuhe´ von Kindern und jungen Erwachsenen zu versetzen”,
und

damit das Bewusstsein für die besonderen Anliegen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu schärfen”[7].

 

Quodlibet   zum Thema   Kindeswohl in der Schule

Inhaltlich umfasst die WFA – ergänzend zu den Bestimmungen des BVG Kinderrechte Definitionen zu
Kindern und junge Erwachsenen, also Menschen in Österreich von ihrer Geburt bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres[8]. Explizit zusätzlich zu Familienmitgliedern werden weitere Vertrauenspersonen im privaten oder öffentlichen Lebensumfeld, wie Kinderbetreuer, Pädagogen und Lehrpersonen, genannt.

Einflussfaktoren,Prüfdeterminanten und Wesentlichkeitskriterien sind in der WFA äußerst aktuell (2013) dargestellt und können keineswegs als Wunschliste abgetan werden, sind sie doch
verbindlicher Orientierungsmaßstab für Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Leistungen staatlicher und privater Einrichtungen[9].

Ausdrücklich hingewiesen wird auf maßgebliche Einflussfaktoren, wie
persönliche, soziale, intellektuelle, … Entwicklungspotentiale,
Mitsprache- und adäquate Mitbestimmung, z.B. in schulischen Angelegenheiten,
unsere Einstellung und unser Verhalten gegenüber Kindern,
            besonders die respektvolle und wertschätzende Begegnung
            des Weiteren Akzeptanz/Toleranz natürlichen Verhaltens (Neugier, Spielfreude), usw.[10]

Zentrale Prüfdeterminanten der Dimension “Kinder” und “Jugend”[11] sind unter anderen die
Förderung, Entwicklung und Entfaltung von Kindern und jungen Erwachsenen,
dazu zählen die verfassungsgesetzlichen Zielvorgaben
– der Förderung des geistigen, körperlichen und seelischen Wohles[12],
– der sozialen und intellektuellen Entwicklung, im Höchstmaß
– jene Aspekte, mit positivem (oder negativem) Einfluss auf Kinder und junge Erwachsene,
          wie deren Entfaltung und das Ausbilden von Identität und Persönlichkeit,
– als auch Faktoren mit maßgeblichem Einfluss auf Herausbildung der sozialen Kompetenz von Kindern
und die Stellung des einzelnen jungen Erwachsenen in der Gesellschaft.[13]

Das Wesentlichkeitskriterium ist erfüllt, wenn jedenfalls 1.000 Kinder betroffen sind[14], dies abweichend zur Prüfdeterminante der (Sub-)Dimension Zukunftssicherung.[15]

Die WFA gibt das Ziel vor,
die übliche Erwachsenenperspektive zu erweitern und langfristig eine noch kinderfreundlichere Gesellschaft in Österreich zu ermöglichen[16].

Frei nach Aristoteles,
“liegt der Zweck von Politik nicht darin, (allein) ein Gerüst von Rechten aufzubauen, das gegenüber Zielen neutral ist,
sondern darin, gute Bürger hervorzubringen und deren guten Charakter zu kultivieren”[17].


[ Quodlibet Nr.  2, im Dezember 2013 ]

 


[1] vgl. Baier, Florian (2011:88ff): Warum Schulsozialarbeit?,
Fachliche Begründungen der Rolle von Schulsozialarbeit im Kontext von Bildung und Gerechtigkeit, in Baier, Ulrich Deinet (Hrsg., 2011): Praxisbuch Schulsozialarbeit, Verlag Barbara Budrich, Opladen & Farmington Hills, M1

[2]Am 20.11.1989 wurde von den Vereinten Nationen die Konvention über die Rechte der Kinder beschlossen. Dieser internationale Vertrag sichert in 54 Artikeln jedem Kind grundlegende politische, soziale, ökonomische, kulturelle und bürgerliche Rechte zu und wurde mittlerweile von 193 Staaten weltweit unterzeichnet und ratifiziert. Österreich hat das Übereinkommen zur Kinderrechtskonvention am ersten Unterzeichnungstag, dem 26.01.1990, unterzeichnet. Am 26.06.1992 hat es der Nationalrat genehmigt, am 06.08.1992 hat Österreich durch Hinterlegung der Ratifikationsurkunde bei der UN die KRK ratifiziert (kundgemacht im BGBl. 1993/7), am 05.09.1992 (30 Tage nach Hinterlegung) ist sie in Österreich formal in Kraft getreten.

[3] vgl. http://www.kinderrechte.gv.at/kinderrechte-in-osterreich,
siehe diesbezüglich auch Art. 1 BVG über die Rechte des Kindes, www.ris.bka.gv.at, 03.12.2013

[4]gemeinsam mit dem neuen Haushaltsrecht, siehe auch die Grundsätze der Haushaltführung 2013
(BHG 2013) “… unter Beachtung der Grundsätze der Wirkungsorientierung …” und Art. 51(8) B-VG “Bei der Haushaltsführung des Bundes sind die Grundsätze der Wirkungsorientierung … zu beachten.”

[5] KJA = Kinder- und Jugendanwaltschaft (des Bundes), Bundesländer siehe www.kija.at/, 15.12.2013

[6] neu: BM für Familien und Jugend, http://www.bmfj.gv.at/service/beratung-information/kinder-jugendanwaltschaft.html, 13.12.2014
alt: BM für Wirtschaft, Familie u. Jugend, Abt. II/6 – Familienrechtspolitik/Kinderrechte,  www.bmwfj.gv.at, 15.12.2013.

[7] vgl. http://www.kinderrechte.gv.at/kinderrechte-in-osterreich/jugendcheck/, 07.08.2017
(alt: vgl. http://www.kinderrechte.gv.at/jugendcheck/, 10.12.2013)
vgl. Bundeskanzleramt (BKA:2013:257): Handbuch Wirkungsorientierte Folgenabschätzung Arbeitsunterlage, In Zusammenarbeit mit: Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst, Bundesministerium für Finanzen, Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. …
Version 1.3, download unter: https://www.oeffentlicherdienst.gv.at/wirkungsorientierte_verwaltung/berichte_service/Handbuch_Wirkungsorientierte_Folgenabschaetzung.pdf?5i7x69, Updated Link: 27.12.2016,
(alt: Version 1.2, download unter: , Abfrage: 26.07.2016,
 alt: http://web.archive.org/web/20131021132651/http://bka.gv.at/DocView.axd?CobId=50272, Abfrage: 19.11.2013)

[8] Entsprechend Artikel 1 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes ist ein Kind jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher eintritt.
Der Begriff „junge Erwachsene“ mit seiner unteren Altersgrenze schließt nahtlos an der oberen Altersgrenze des Status “Kind” an, das obere Alterslimit orientiert sich an der Vollendung des 30. Lebensjahres; wobei in der Verordnung der Begriff “Jugend” für über 18jährige bewusst nicht verwendet wurde, Artikel 1 des ÜBEREINKOMMENs üBER DIE RECHTE DES KINDES, StF: BGBl. Nr. 7/1993
(NR: GP XVIII RV 413 AB 536 S. 74. BR: AB 4303 S. 556.), www.ris.bka.gv.at, 10.12.2013

[10] vgl. Bundeskanzleramt (2013:264f): Handbuch Wirkungsorientierte Folgenabschätzung Arbeitsunterlage

[11] vgl. ebd. (2013:257ff) die divergente Verwendung von “Jugend”, “junge Menschen”, “jungen Erwachsenen”

[12] vgl. ebd. (2013:260,264), siehe dazu auch Art. 14 Abs. 5a B-VG StF: BGBl. Nr. 1/1930 (WV)

[13] vgl. ebd. (2013:271)
In einer weiteren (Sub-)Dimension geht es um Einflussfaktoren auf den
Zugang von Kindern zu Bildung und das Erreichen eines Bildungsziels:
Verfassungsgesetzliche Zielvorgabe ist die Verwirklichung der bestmöglichen vor-/schulischen Förderung der geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung und Entfaltung von Kindern im (Art. 14 Abs. 5a B-VG). Zentrales Augenmerk ist etwa zu richten auf Auswirkungen auf die schulischen Startchancen eines Kindes, bzw. in Ansehung des Erreichens des Bildungsziels auf das Erkennen der besonderen Fähigkeiten eines Kindes und dessen entsprechende individuelle Förderung bzw. gegebenenfalls auf den Ausgleich von schulischen Leistungsschwächen während der Schullaufbahn.

[14] vgl. ebd. (2013:267)

[15]vgl. ebd. (2013:266, 267, 273) Ausgangspunkt der Sub-Dimension
“Zukunftssicherung von Kindern und jungen Erwachsenen in mittelfristiger Perspektive”
ist einerseits der (verfassungsgesetzlich verankerte) Anspruch jedes Kindes auf Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit (Art. 1 BVG über die Rechte des Kindes) und die jugendpolitischen Ambitionen zur Erzielung von Chancengleichheit für junge Erwachsene im Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt sowie zur Förderung ihres gesellschaftlichen Engagements, der sozialen Eingliederung und der Solidarität aller jungen Menschen (“Jugendstrategie”,
http://www.bmfj.gv.at/ministerium/jugendstrategie.html, 13.12.2014).
Die Sub-Dimension enthält Auswirkungen auf die Sicherung der Möglichkeiten junger Menschen auf die künftige Lebensgestaltung in Form von selbstbestimmter persönlicher Lebensführung und wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Teilhabechancen sowie darauf, dass jungen Menschen in mittelfristiger Perspektive nicht ungebührliche Lasten aufgebürdet werden, die ihre Zukunftschancen beeinträchtigen (Generationengerechtigkeit). Eine taxative Aufzählung listet eine tiefgreifende Reform im Unterrichts- oder Forschungswesen.
Das zugehörige Wesentlichkeitskriterium ist erfüllt,
wenn finanzielle Auswirkungen von 1 Mrd. über 10 Jahre oder sonstige wesentliche Auswirkungen (z.B. fiskal-, energie- oder umweltpolitische Langzeitstrategien oder -entscheidungen) auf einen Zeitraum von mindestens 25 Jahren betroffen sind.

[17] vgl. Michael J. Sandel ( 2009:263): Gerechtigkeit – Wie wir das Richtige tun, Ullstein, Berlin

 

Bildernachweise:
Janusz Korczak,
eigentlich Henryk Goldszmit (* 22. Juli 1878 oder 1879[1] in Warschau; † nach dem 5. August 1942 vermutlich im Vernichtungslager Treblinka), war ein polnischer Arzt, Kinderbuchautor und bedeutender Pädagoge. Bekannt wurde er vor allem durch seinen Einsatz für Kinder. So begleitete er die Kinder seines Waisenhauses beim Abtransport in ein Vernichtungslager, obwohl das auch für ihn selbst den Tod bedeutete.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Janusz_Korczak, 05.01.2014
Bild-Quelle: Janus Korczak und Kinder: http://www.google.com/doodles/janusz-korczaks-year, 04.01.2014

Kinder haben Rechte,
Herausgegeben vom Netzwerk Kinderrechte,
erhältlich bei den Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs, www.kija.at/, 15.12.2013

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